Kaiserschnitt

Der Kaiserschnitt  kann das Leben von Mutter und Baby retten und Spätfolgen einer komplikationsreichen vaginalen Geburt verhüten.

 Doch viele der in der Schweiz durchgeführten Kaiserschnitte sind unnötig. Jedes 3. Kind wird hier durch Kaiserschnitt in die Welt geholt. Dies hat Konsequenzen für die Mutter, die Bindung und das Baby haben.  

 Die Mutter erleidet eine grosse Bauch-Operation mit all ihren Risiken.  Ihr Organismus kann diesen Eingriff als traumatischen Schock erleben. Oftmals sind weder ihr Körper noch ihre Seele  bereit für die Operation und der Eingriff stört das sensible Hormongefüge.

 Beim natürlichen Geburtsvorgang arbeiten Mutter und Kind zusammen. Nach der Geburt können sie vom ersten Moment an ihre Bindung weiter vertiefen die bereits in der Schwangerschaft begonnen hat und sich in den Monaten nach der Geburt weiterentwickelt. Für die Mutter ist das Geburtserlebnis eine grosse Anstrengung begleitet vom Freisetzen von Glücks- und Bindungshormonen. Dadurch ist sie  bereit für den Bindungsprozess, das Bonding mit dem Baby. Ebenso wird beim Baby das Hormongeschehen so reguliert, dass seine Sinne geöffnet und bindungsbereit sind. Durch den Kaiserschnitt wird dieser subtile Vorgang unterbrochen bzw. nicht genügend angestossen.

 Der Organismus des Ungeborenen ist auf den natürlichen Geburtsablauf eingestimmt. Das Baby möchte seinen Impulsen, seinem biologischen inneren Wegweiser folgen, der in der Geschichte der Menschheit festgeschrieben und von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Das kindliche Bedürfnis – Schritt für Schritt durch diesen Prozess zu gehen,  wird am Schluss durch ein Erfolgserlebnis, die Bestätigung der Selbstwirksamkeit und das wohlige Ankommen in den Armen der Mutter gekrönt.

Dieser Ablauf wird durch den Kaiserschnitt nicht angestossen oder abrupt abgebrochen.  Seele und Organismus des Kindes sind oft nicht bereit für die Geburt und erfahren eine zu schnelle, schockartige und gefühlt gewaltsame Trennung von der Mutter. Auch dies kann negative Auswirkungen auf das kindliche Bindungsverhalten, auf sein vegetatives Nervensystem und auf seine emotionalen Verhaltensmuster haben.

 Ungeborene und neugeborene Kinder sind empfindende, emotionale und “lernfähige” Wesen, die durch ihre Erfahrungen bereits in diesem Alter geprägt werden.  Auf grossen Stress und (Lebens-) Bedrohung reagiert der kindliche Organismus oftmals mit Zusammenzug/Kontraktion und “Freeze”, ähnlich wie beim erwachsenen  Menschen – mit dem Unterschied, dass das Nervensystem des Babys viel fragiler und ungeschützter ist und rascher in einen Schockzustand gerät und dieser Schock oft als Prägung die Reaktionsweise des kindlichen Nervensystems weiter bestimmt.

 Beim erfolgreichem sich Durcharbeiten durch den Geburtskanal erfährt das Kind die Empfindung von Kraft und Selbstwirksamkeit. Bei invasiven medizinischen Eingriffen, wie dem Kaiserschnitt, kann das Baby Ohnmacht, Verwirrung, Orientierungslosigkeit, Verlassenheit, Todesangst und Schock erleben. Dies kann in der Zeit nach der Geburt zu Regulationsstörungen führen.

 Beim geplanten Kaiserschnitt (primäre Sectio) können die Wehen das Baby nicht auf den kommenden Geburtsprozess vorbereiten und mit seinen angeborenen Impulsen in Verbindung bringen. Wird das Baby nicht auf die bevorstehende Operation vorbereitet, kann der Eingriff wie ein “Überfall aus heiterem Himmel” erlebt werden. 

 Anders beim Notfallkaiserschnitt (sekundäre Sectio):  Der Organismus des Babys kann die Geburt initiieren, sich auf den Weg machen – aber dieser Weg wird abrupt abgebrochen.

 Die PDA bzw. Narkose unterbricht plötzlich den Kontakt mit der Mutter und den Austausch mit dem mütterlichen Gewebe der Mutter, das nun ohne Resonanz ist und wie “tot” wirkt. Beides hat negative Auswirkungen auf den Oxytocin-Haushalt, der wichtig für die Bindung und das spätere Stillen ist.

 Ein Sectio ist fürs Baby ein psychisch-vegetativer Schock und mit Angst verbunden:

Eindringen in seinen sicheren Ort; plötzlicher Druckabfall; schmerzhafte Berührungen; harte, hektische „Begrüssung“ in dieser Welt;  abruptes Abnabeln; nach zu kurzem Kontakt Trennung von der Mutter; überwältigt werden durch medizinische Handlungen.

 Die Mütter haben schon berichtet: “es sei gewesen, als ob man ihnen das Kind und das Herz aus dem Leib gerissen hätte!”

 Die in unserer Gesellschaft verbreitete Idee, ein geplanter Kaiserschnitt sei die sicherste, schonungsvollste Geburtsart, ist auf Grund einschlägiger Forschungsergebnisse widerlegt. Natürlich ist auch festzuhalten, dass ein Baby im Rahmen einer vaginalen Geburt tiefgreifende, belastende Erfahrungen machen kann, die es ebenfalls nachhaltig prägen können.

 Nach dem Kaiserschnitt wird oft tiefer abgesaugt, um die Luftwege von evtl. Flüssigkeiten zu befreien.  Auch dies kann zu Stillproblemen führen (diese können auch durch die erwähnte Störung des mütterlich hormonellen Gleichgewichts mitverursacht werden). Es ist erwiesen, dass Kaiserschnitt-Babys nach der Geburt mehr Atemprobleme haben und es länger dauert bis sich Ihr Kreislauf an die neuen Umstände angepasst hat. Ebenso steigt das Risiko für ein geschwächtes Immunsystem, für spätere Darmerkrankungen und Allergien. Dies, weil der mütterliche Körper den kindlichen Organismus nicht mit wichtigen Bakterien „impfen“ kann, wie dies bei der vaginalen Geburt auf natürliche Art geschieht. Diese Bakterien sind u.a. wichtig für den Aufbau einer gesunden Darmflora und der Immunabwehr.  (Film “micro birth”). Empfohlen wird sog. „Seeding“, siehe unten.

 

 Hilfen vor, während und nach dem Kaiserschnitt

 Vor dem Kaiserschnitt sollen Eltern über die medizinischen Massnahmen und über die möglichen Auswirkungen auf das Baby informiert werden, und sich Zeit für ihre Gedanken und Gefühle nehmen.  Man kann ganz einfach und natürlich zum ungeborenen Kind im Mutterleib sprechen. Dem Kind sollten sie beim geplanten Kaiserschnitt sagen, was mit ihm passieren wird und wie es das erleben könnte. Und vom medizinischen Personal sollte idealerweise Raum für die Anfangswehen gegeben werden.

 Während Anästhesie und Kaiserschnitt: Mit dem Baby die Verbindung halten, ihm jeden Schritt im voraus benennen und wie es diese erleben könnte.

 Nach dem Kaiserschnitt: Vater und Geburtsteam sollten sich innerlich verlangsamen;  das kalte, rasche Willkommen des Babys ab puffern, mit einem warmen Willkommen ersetzen. Sofort Körperkontakt mit der Mutter herstellen. Das Baby hört und spürt die Mutter wieder. Und immer wieder die weiteren Schritte im voraus fürs Baby benennen.  „Seeding“= Besiedlung der Haut und des Mundes des Kindes mit den mütterlichen Mikroorganismen der Vaginal- und Darmflora. Die Bindung emotional und physisch unterstützen mit viel Haut- und Körperkontakt und wenn möglich Stillen. Kaiserschnittmassage, die die Anregung der fehlenden Wehentätigkeit übernimmt. Babymassage mit langsamen Streichungen (Intensität und Dauer des Körperkontakts soll das Baby bestimmen, es ist oft berührungsempfindlich).  Erfahrung und deren Ausdruck (Weinen) des Babys anerkennen und benennen, Raum dafür geben; inneres Tempo verlangsamen und Übergänge/Berührungen und Handlungen ankünden; dem Baby sagen, was mit ihm und seinem Körper gemacht wird. Empfehlenswert sind Craniosacral-Behandlungen sowie therapeutische Sitzungen mit Eltern und Kind, wo die durch die Sectio verpassten Geburtsschritte nachgeholt werden können.

 Autorin: Martina Zehnder, Praxis für Eltern, Babies und Kleinkinder in Zürich, Psychologin FSP,

ISPPM Schweiz

 

z.B. Video „Microbirth“, „Die Narbe“

Oblasser C.: Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht.

Klaus Käppeli: Beiblatt zur DVD „Die Kaiserschnittgeburt im Erleben des Kindes“

Viviane Bühr: Bakteriendusche für Kaiserschnitt-Babys, Artikel Tages-Anzeiger 5.2.2016